Wann ist ein Baum ein Baum?

Bis vor kurzer Zeit war ein Hochstämmer ein Baum mit einer gewissen Stammhöhe und damit war alles geklärt. Mit den Baumbeiträgen wurden zusätzliche „Präzisierungen“ nötig. Eine maximale Baumdichte wurde festgelegt, der noch zur Zahlung der Fr. 15.- pro Baum berechtigte. In dieser Zeit wurde Hochstamm Suisse gegründet. Die Umweltschutzorganisationen waren sich bewusst, dass neben den staatlichen Beiträgen, vor allem auch ein Markt existieren muss, der das Hochstammobst nachfragt und faire Preise bezahlt, damit die Bäume auch gut gepflegt werden, alt werden und ihre ökologische Qualität erreichen können. Hochstamm Suisse war in den letzten Jahren sehr erfolgreich und hat mit der Zusammenarbeit mit Coop eine gute Nachfrage nach Hochstammobstprodukten entwickeln können. Daneben haben sich aber auch die Beiträge stark nach oben entwickelt. Nicht Hochstamm Suisse ist wohl der Hauptgrund, weshalb der Rückgang der Bäume seit ein paar Jahren gestoppt ist. Da sind die Baumbeiträge wohl der grössere Motor.

 

Mehr Bürokratie

Je nach Kanton kann heute mit Beiträgen von Fr. 15.- bis Fr. 70.- pro Baum gerechnet werden, sofern die ökologischen Auflagen erfüllt werden. Diese Zahlungen sind für die Hochstammobstbauern eine Anerkennung für ihre jahrelange geleistete Arbeit und ein Resultat der Überzeugungsarbeit durch die Naturschutzorganisationen. Sie sind aber auch verbunden mit Bürokratie. Die Liste der Vorschriften und die Diskussionen zu den Ausführungsbestimmungen sind lang und erschreckend.

 

Welche Bäume sollen unterstützt werden?

Wenn wir durchs Land wandern und die Hochstammobstbäume betrachten, dann fallen uns neben den gepflegten stolzen Bäumen, auch die alten, halb morschen Zeitzeugen auf. Neu fallen auch grössere Pflanzungen auf. Ein Bild das in den letzten Jahren selten war. Jeder von uns weiss bestimmt, welchen Bäumen er das Geld geben würde und welchen nicht. Aber wären wir auch in der Lage, dies in ein paar Sätzen zu fixieren, damit keine „falschen“ Bäume davon profitieren? Und welches sind denn die falschen Bäume? Schliesslich geht es nicht um Produktionsbeiträge, sondern um ökologische Zuschüsse. Es kann da durchaus Argumente geben, den alten Baum mit viel Totholz zu bevorteilen. Die Kontrolleure im Feld müssen genau diese Unterscheidungen machen, Verträge mit den Bauern abschliessen und deren Einhaltung überprüfen. Diese Kontrolleure erwarten klare Angaben, um Stangenholz ohne Äste, zu dichte Pflanzungen am Rande der Parzelle etc. aus den Beiträgen ausschliessen zu können. Bei den Hochstammobstbäumen sind zwei Gründe für den Bürokratiezuwachs verantwortlich: die Erhöhung der Beiträge für zusätzliche Anforderungen und die Bauern, die schlau versuchen, diese Beiträge mit möglichst wenig Leistung zu erhalten.

 

Hochstammobstbäume können gut und gerne sechzig und mehr Jahre alt werden. Leider rechnet niemand damit, dass die Baumbeiträge ein ganzes Baumleben fliessen werden. Dabei sollte gerade dies das Ziel sein. Vielleicht sollte sich die Branche einmal überlegen, ob nicht weniger auch mehr sein kann. Haben wir vielleicht heute eine Beitragshöhe erreicht, die zu Falschanreizen führt? Gefährden wir damit nicht auch ein bewährtes System? Wäre es nicht besser, wir Bauern hätten den Mut, uns für einen einheitlichen, aber auch tieferen Beitrag mit klaren einfachen Anforderungen einzusetzen? Wir würden einen grossen Schritt in Richtung weniger Bürokratie lostreten. Vielleicht müssten wir auf das Maximum verzichten, doch mit dem Optimum könnte der Beitrag vielleicht einige Jahrzehnte bestehen bleiben. Die Diskussion ist offen.

 

Pascal Benninger

Biolandwirt und Projektleiter bei Hochstamm Suisse

Veröffentlicht am: 16. Oktober 2015 in Kontrovers

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Responses (4)

  1. HR.Schhweizer
    18. Oktober 2015 at 19:14 · Antworten

    Auch Halbstammbäume können okologisch wertvoll sein, obwohl es daür keine Hochstammbeiträge gibt.
    ich bewirtschafte eine Mostobstanlage mit 43jährigen Halbstammbäumen.Das Kronendach ist fast geschlossen.
    Das wird von den Feldhasen und Rehen für die Aufzucht ihrer Jungen bevorzugt und nicht die Oekowiese in der Nähe.

    HR.Schweizer, Obstbauer

  2. Res
    18. Oktober 2015 at 19:16 · Antworten

    Lieber Pascal

    Gegen die zunehmende Bürokratie zu wettern ist unter Bauern gross in Mode gekommen. Aber worin besteht denn im Fall der Bäume dieser grosse bürokratische Aufwand? Hast du diesen einmal tatsächlich erfasst – und dann durch 8 Jahre geteilt? Denn so lange gehen diese Verträge.Ich habe es gemacht. Er ist praktisch vernachlässigbar, im Verhältnis zu den Beiträgen ohnehin.

    Klar, viele der Vorschriften kann man hinterfragen, ob sie wirklich Sinn machen. Und klar, sie sind relativ lang und nicht immer einfach zu verstehen. Aber gleich von „erschreckend“ zu reden ist dann doch etwas übers Ziel hinausgeschossen. Hinter all diesen Anforderungen ist das Bemühen sichtbar, Leistungen zu fördern und Missbräuche zu verhindern. Das ist eben nicht ganz einfach, der Teufel steckt da immer im Detail. Bessere Vorschläge wären sicher willkommen – aber man hört sie selten, gerade von den Bürokratiekritikern.

    Wie du selber schreibst, sind gerade die Baumbeiträge eine Erfolgsgeschichte. Sie konnten den jahrzehntelangen extremen Rückgang des Hochstammobstbaus stoppen. Dass sich nun ausgerechnet Hochstamm-Suisse gegen die Errungenschaft solcher Beiträge wehrt, nur weil sie halt manchmal mit etwas Aufwand verbunden sind, erscheint etwas widersinnig.

    Mit einem solchen eindrücklichen Obstgarten wie dem Abgebildeten aus Schötz lässt sich nicht zuletzt dank den heutigen Beiträgen tatsächlich ganz gut Geld verdienen. Aber ist das so schlecht? Schiebt man da vielleicht Bürokratie vor, um Missgunst zu vertuschen? Ich denke, Hochstamm-Suisse hat andere Aufgaben als sich dem Bürokratiebashing anzuschliessen.

    Res

  3. Friedrich Schätti
    19. Oktober 2015 at 12:23 · Antworten

    Und sobald wir einen einheitlichen Ansatz pro Baum hätten, käme ein anderer Blogger und schriebe: „Subventionen nach dem Giesskannenprinzip“ – natürlich weil die Bürokraten und Beamten keine Ahnung von der Realität haben.

    Die Natur ist ein wunderbares Allgemeingut. Ich bin überzeugt, dass die Gesellschaft (und sie beauftragt den Staat in einer Demokratie) in Jahrzehnten auch noch bereit sein wird, Beiträge für Hochstammbäume zu bezahlen. Bedingung ist aber, dass diese Beiträge zu mehr Natur und Artenvielfalt führen. Die existierenden Kriterien sind in dieser Hinsicht gut. Wenn jemand einen Verschlag hat, um diese Kriterien weiter zu verbessern: ich bin ganz Ohr!

    Als Steuerzahler ist es mir wichtig, dass die Steuergelder für den richtigen Zweck ausgegeben werden. Ob es für den Empfänger ein Kriterium gibt oder zehn, ist mir eigentlich herzlich egal!

    Freundliche Grüsse, Friedrich

  4. Pascal Benninger
    11. Januar 2016 at 16:53 · Antworten

    Liebe Herr Schweizer, lieber Res, lieber Friedrich Schätti

    Besten Dank für Eure Rückmeldungen. Der Text zu den Baumbeiträgen ist meine persönliche Meinung und keinesfalls die abgesegnete Verbandsmeinung von Hochstamm Suisse.

    Eure fundierten Antworten haben mir sehr gefallen. Ich habe das Thema aufgenommen, weil sich die Berichterstattung in den Medien gegenüber den Hochstammobstbäumen negativ gewandelt hat und weil ich in einer Arbeitsgruppe des BLW mitmachen durfte. Dort habe ich festgestellt, wie die Kontrollorgane zunehmend an die Grenzen kommen wenn es darum geht, die Bäume zu beurteilen und richtig einzuteilen. Dort sehe ich eine grosse Bürokratie auf uns zukommen, nicht bei den Betrieben.
    Ich hoffe sehr, dass wir ein vernünftig hohes Beitragsniveau für die Hochstammobstbäume auf längere Zeit etablieren können und nicht laufend Verordnungsänderungen hinnehmen müssen. Wir setzen Bäume für eine oder zwei Generationen. Eine gewisse Konstanz wäre auch bei den Beiträgen und Bedingungen zu wünschen.
    Hochstamm Suisse widmet sich daneben dem Absatz der Hochstammfrüchte. Auch dieser Teil soll nicht vernachlässigt werden, schliesslich sollen die Früchte auch der Grund sein für die Bäume.

    Mit freundlichen Grüssen
    Pascal

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